Gewichtsverlust in der Hibernation (Winterstarre)
Vier Testudo Horsfieldii zwischen 2000 und 2009
1957 .... und wieder bekam ich, damals 12 Jahre alt, nicht den heißersehnten
Hund.
Meine Mutter, begeisterte Kaufhausbummlerin, entdeckte dort eines Tages eine
Schildkröte. „Die macht ja nur wenig Dreck und man muß auch nicht Gassi
gehen." So kam Schilli zu uns, für 10 DM, mit einem kleinen Buch
über Ernährungs- und Haltungs-Tips. Leider stand in den damaligen Broschüren
allerhand Unsinn u. a. Hunde- und Katzenfutter als Schildkrötennahrung. Dafür
fanden wir einige brauchbare Hinweise zur Winterruhe.
Wir versetzen uns in die Heimat der Schildkröte und taten unser Bestes. Schilli
gedieh prächtig. Dann kam der Herbst und das Tier wurde müde und träge. Sie
kam in eine Holzkiste mit Holzwolle, natürlich nach einem ausgiebigen,
lauwarmen Bad. Einige Tage hörten wir noch ab und zu ein Rascheln, aber dann
war es für lange Zeit ruhig.
Im nächsten Frühjahr saß sie eines Tages oben auf der Holzwolle in ihrer Kiste. Sie war fit, hungrig und aktiv. Und sie erfreute uns Jahr um Jahr und wuchs und wuchs....
Wir hatten, nach meinen heutigen Erfahrungen, durch Zufall in all den Jahren
einiges richtig gemacht, auch in der Winterstarre. Das Haus hatte einen Keller
zum Norden und es war dort, wie in einem Altbau, recht kalt.
Nach und nach kamen einige Horsfieldii dazu und Jahre später in unserem Neubau
wurden dann unterschiedliche Keller, Garagen und ein Holzgartenhaus für
die Winterruhe getestet. An Material für die Winterkiste wurde u. a.
ausprobiert : Papierschnipsel, Holzwolle, Blumenerde, Heu, Stroh etc.
Seit einigen Jahren überwintern jetzt meine Tiere in Pinienrinde, obenauf
Buchenlaub. Da kann nichts schimmeln und es ist einfach festzustellen, ob es
zu trocken ist. Sobald die Blätter knistern, wird vorsichtig mit der
Blumenspritze die Oberfläche etwas eingenebelt.
Auch die Horsfieldii überwintern nicht extrem trocken.
Durch regelmäßige Temperaturmessungen in den vergangenen Jahren nehme ich
jetzt einen Raum zum Norden , der ganz gekachelt ist und die notwenige
Temperatur von unter 8 Grad in der Zeit der Winterstarre sichert. Je nach
Wetter halte ich das Fenster etwas geöffnet und nur bei extremer Kälte ganz
geschlossen.
Seit den 90er Jahren, durch den Kontakt zu Dr. Braune, der Schildkröten zu seinen Lieblingen zählte, führe ich auf seinen Wunsch Listen zur Gewichtskontrolle meiner Testudo Horsfieldii.
So entstanden auch die Tabellen über den Gewichtsverlust meiner Horsfieldii in der Winterstarre.
Grundsätzlich werden bei mir auch alle Jungtiere vom ersten Lebensjahr
an „eingewintert" , da sie ohne Winterstarre u.a. zu schnell
wachsen und dieses für ihre Entwicklung absolut schädlich ist und sie auch
anfälliger für Krankheiten macht.
Nur eine Ausnahme gab es hier: Brauni, die ich sehr krank übernommen
habe. (siehe www.landschildkroetenbabies.de) Aber auch bei ihr habe ich nach
ihrer langen Quarantänezeit regelmäßig die Winterstarre eingehalten.
Auf der Tabelle Winterstarre habe ich 4 männliche Tiere aufgeführt.
( von 2000 – 2009 )
Leopold, 11 g beim Schlupf, ging erst mit 28 g in seine 1. Winterruhe Mitte
Januar.
Toni - Jahrgang 2000 / 15.Aug. 22g
Kim - Jahrgang 2000 / 20.Sept. 16g
Nikki - Jahrgang 2001 / 08.Aug. 15g
Leopold - Jahrgang 2002 / 06.Sept. 11g
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in Winterruhe 28 g = 100 %
Gewichtsverlust 2 g = x %
x = 100 * 2 = 200 : 28 = 7.1 %
x = 7 % Gewichtsverlust
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Kim hat diesen Winter 08/09 bei mir im Keller verbracht. Leopold hat die Winterruhe in Vlotho im Keller erlebt. Und die erste Winterstarre im Kühlschrank haben Nikki in Ansbach und Toni in Bünde sehr gut überstanden. (Alle Gewichte auf der Tabelle)
In den 80er Jahren hatte sich in 3 Wintern hintereinander eine meiner
Schildkröten tief in das Wurzelwerk einer Zeder eingegraben. Im
Frühjahr stellten wir fest (beim Nachgraben der Höhle), sie hatte sich ca. 60
cm tief und außerdem im Zickzack an den Wurzeln entlang gebuddelt. Sie hatte
kaum an Gewicht abgenommen und war in all den 3 Jahren einige Tage vor den
Schildkröten , die im Keller den Winter verbrachten, aus dem Erdreich
hervorgekommen.
Eine Schildkrötenfreundin vom Stammtisch suchte vor der Winterstarre 2008/09
eine Horsfieldii vergebens im Gewächshaus. Jetzt, Anfang März 09, tauchte das
Tier wieder putzmunter auf und erfreute das Frauchen durch ausgiebigen Appetit.
So werden hier einige von uns in den kommenden Jahren den Tieren die Möglichkeit bieten, sich unter den Schutzhütten und Gewächshäusern einzugraben. Wichtig ist hier natürlich ein sicherer Schutz vor Fressfeinden und Frost.
Bei allen 3 Methoden der Winterstarre , Keller - Kühlschrank - Garten – waren die Gewichtsverluste gleich.
Früher habe ich die Tiere nur vor und nach der Winterstarre gewogen. Da ich
in all den Jahren in und nach der Winterruhe nie ein Tier verloren habe, gab es
für mich
keine Veranlassung, während der Hibernation die Tiere zu stören.
Durch
eine Reihe von Publikationen und den Erfahrungsaustauch angeregt, habe ich
einige Jahre auch in der Ruhezeit gewogen. Um die Tiere nicht unnötig zu stressen, wurde dieses
natürlich sehr vorsichtig durchgeführt. - Inzwischen haben wir herausgefunden,
dass das wiegen in der Hibernation nicht notwendig ist.
Sobald die Tiere oben in ihren Kisten sitzen, werden sie schrittweise an eine höhere Temperatur gewöhnt. Sie kommen 2 Tage in einen Raum mit ca. 10 bis 15 Grad, dann 2 Tage in den Wintergarten erst ohne Lampen. Langsam steigere ich die Stundenzahl der Wärme und UV-Lampen. In der Woche nach der Ruhezeit bade ich die Horsfieldii 2 mal in lauwarmem Solidago-Tee. Oft sehe ich danach auf der Waage schon einige Gramm mehr. ( Der Feuchtigkeitsverlust wurde ausgeglichen ) Und innerhalb von wenigen Tagen ist durch die normale Futterration das Gewicht bei meinen Tieren schon oft über dem Gewicht der Einwinterung.
Hohe Gewichtsverluste führe ich u.a. zurück auf zu trockenes Einfüllmaterial.
Durch langjähriges Wiegen habe ich bei Jungtieren folgende Erfahrung gemacht :
Tiere, die in den letzten Wochen vor der Winterstarre sehr zugenommen hatten, verloren hin und wieder weit über 10 % ihres Gewichtes während der Winterstarre. Nach dem 1. bzw. 2.Bad war aber dieser Verlust stets wieder ausgeglichen.
Also keine Angst vor der Winterruhe und bitte nicht aus lauter
Bequemlichkeit, wie ich leider oft erfahren habe, das Tier erst gar nicht
in die Winterstarre geben.
Als Schildkrötenhalter haben wir eine große Verantwortung für unsere Tiere übernommen. Wenn wir unsere Tiere schon fern ihrer Heimat zu unserer Freude hier halten, sollten wir ihnen auf jeden Fall die für ihre Gesundheit notwendige Winterstarre gewähren.
Jahr für Jahr ist es doch immer wieder eine große Freude, wenn unsere
Schildkröten uns im Frühjahr in den Kellern, Kühlschränken oder draußen in
den Gärten anzeigen, dass der Frühling kommt. Und uns erwartet wieder eine
schöne Zeit mit unseren Tieren.
Fotos:
Tabelle
2009 Kim wacht auf
2009 Zwischenstation nach der Ruhe im Keller, hier im Raum mit ca.15 Grad
2004 Leopold/Toni/Kim/Nikki noch nicht geschlechtsreif
und früher immer inPetra Kösterke, im März 2009
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dieser Bericht wurde erstmalig veröffentlicht von Herrn
Horst Köhler auf
www.schildi-online.eu im April 2009 (unter Berichte und Artikel)
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Nachtrag
Seit einigen Jahren wiege ich die
Steppenschildkröten nur vor und nach der Starre.
Sollte ein Tier krank sein
( bei evtl. Wintergästen ) - überprüfe ich nach den ersten 4 Wochen einmal das
Gewicht.
Bisher hat sich auch in solchen Fällen nichts ergeben und ich mußte
kein Tier vorzeitig aus der Starre nehmen.
Nach und nach habe ich beim
Einstreu-Material Veränderungen vorgenommen. I
Inzwischen nehme ich
Schildkröten-Einstreu
Den oberen Teil
der einzelnen Winterkisten habe ich wie früher auch mit Laub gefüllt. Inzwischen
nutze ich da Eichen- und
Buchenlaub.
Die Kisten sind (je nach Wetter) bis
Ende Februar /Anfang März in einer kühlen Garage. Dann kommen die Tiere in ihre
Schlafhäuser. Dort haben sie die Möglichkeit das Starre-Ende selbst zu
bestimmen.
Stand November 2019